Südafrika - 12 Monate in der Regenbogennation: Oktober 2014

Freitag, 17. Oktober 2014

Bäck in da hood

Hallo Ihr!
Abschlussbild
Ich bin jetzt laut Timer rechts unten seit genau 61 Tagen wieder in Deutschland. Heute wollte ich mir kurz Zeit nehmen, um eine Art Abschluss meines Blogs zu schreiben.

Die Zeit am Anfang war extrem komisch und hat Verwirrung geschürt ohne Ende - Automatismen sind fast vollständig vorhanden, aber der Kopf hinkt permanent hinterher. Mittlerweile kommt auch mein Kopf wieder mit, aber das hat seine Zeit gebraucht. Das fängt bei simplen Sachen wie Duschen, Schlafen und Autofahren an und hört bei komplexeren Sachen wie Handballspielen, Wetter kompensieren oder Orte wiederfinden auf.

Wie, wir haben ne Mikrowelle und ich muss meine Sachen nicht in der Pfanne warm machen? Boaaaah, das Wasser kommt sofort aus dem Duschkopf und ist nach einer Sekunde angenehm warm. Nach einer Sekunde!!! Und danach die Duschwände abziehen...überflüssig. Ehhhhhhm mir schmecken keine Chips? Keine Fertigpizza...keine Yoghurts...Joa, gut. Und alles so grün - wobei das plausibel ist, schließlich regnet es ja nur. Deutschland hat da seine eigene Idee, mich angemessen zu empfangen. Soooo viele Leute...die Ampeln auf der falschen Straßenseite genau so wie man selbst im Auto und das Auto auch noch! Und der Blinker. Und das Schalten.
Fallschirmsprung
KIRMES! Ohja, viel Buntes und Leuchtendes, Essen, Gekreische und so viele Menschen, überall sind sie, diese Massen.
Sooo viele und alle sprechen sie Deutsch - ohja, jetzt muss man aufpassen, was man sagt. Im Stau steht man auch dauernd, weil Baustelle. Oder Drängler - peaceee out, bros!
Wisst Ihr was? Ich kann dauernd Sachen kaufen. Und zwar ALLES. Wann immer ich will. Sogar um 21.55 Uhr bei Kaufland. Cool, ne? Bringt mir aber auch nicht so viel, schließlich ist alles vieeeeel zu teuer. Wer soll denn das bezahlen!?
Hätte ich nicht südafrikanische Gemütszustände verinnerlicht, hätte ich mich aufgeregt über den allgemein gültigen und legitimen Gemütszustand des Deutschen. Mäh mäh mäh, wäh wäh wäh. Bäh bäh bäh und wenn wir schon dabei sind, ey ey ey - was soll'n das?

Straße in Namibia
Nach so langer Zeit Freunde, Bekannte und Heimat wieder zu sehen, war toll, aber ebenfalls komisch. Wieso ist denn alles fast wie vorher und wieso hat sich so viel verändert? Dieses Paradox ist eigentlich die ganze Zeit präsent gewesen, man wurde nicht so ganz schlau aus dieser neuen Situation. Die ersten Nächte brauchte ich mindestens zehn Stunden Schlaf und habe in diesen wirres Zeug geträumt; zusätzlich war ich am nächsten Morgen trotzdem müde. Auch diverse bürokratische Pflichten empfand ich als Überforderung - ganz einfach, weil die Gewohnheit in diesen Dingen in den letzten zwölf Monaten verloren gegangen war. Gerade hier fiel es mir besonders schwer, Deutsch zu reden, und zwar nicht als Sprache "Deutsch", sondern als Status "Deutsch". Diese Strenge, dieses Siezen und diese Zielstrebigkeit sind mir total aufgefallen, das scheint also ziemlich Deutsch zu sein (zumindest nach meiner neuen Definition) - diese Erkenntnis, nach einem popeligen Anruf bei der Krankenkasse - okay!

Die supermegaultimativ tollen Dinge, auf die man sich Anfangs grenzenlos gefreut und sie dann grenzenlos abgefeiert hat, haben leider ihren Sonderstatus verloren. Dazu gehört unter Anderem der Pizzalieferservice, dicht gefolgt vom Postboten, Autofahren, Brokkoli mit Sauce Hollandaise, unbegrenztem Internet, Spontaneinkaufen und nicht zu vergessen der mockigen Geruch einer Sporthalle, kombiniert mit einem Ball in der Hand...
Erdmännchen Date

Übrigens kam diese hier etwas schwammige Erkenntnis erst vier Wochen nach Landung bei unserem Abschlussseminar in Wiesbaden. Davor habe ich mir überhaupt keine Gedanken gemacht, man war so beschäftigt und gut unterhalten durch seinen Alltag, dass dies ausblieb. Auch das Nachdenken über das Zurückgelassene, eine Zeit die komplett, fertig und abgeschlossen ist und nie wieder da sein wird, kam erst später. Nicht, dass ich jetzt melancholisch oder gar philosophisch klingen will - aber die Endlichkeit und der Wert von Zeit und Erlebnissen wurde mir in diesem Jahr sehr klar, weil es so isoliert und referenzlos war und dementsprechend ganz automatisch ganz anders überdacht wird/wurde/werden wird.

Mein kleines Brainstorming ist nun beendet, vielleicht kann ich irgendwann noch einmal neue Erkenntnisse loswerden, vielleicht nicht - ich regel das mal ganz südafrikanisch, lege mich nicht fest und sage: "MAL SEHEN!"
Ich werde ebenfalls mal sehen, ob ich noch etwas über unsere geniale Namibia Reise schreiben werde - es gibt viel zu erzählen, allerdings heißt das viel Aufarbeitung, Bilder bearbeiten (sind im falschen Format) und Zeit nehmen.

Bis dahin müsst ihr Euch mit diesem tollen Video aus Namibia begnügen - Erdmännchenpower!