Südafrika - 12 Monate in der Regenbogennation

Freitag, 17. Oktober 2014

Bäck in da hood

Hallo Ihr!
Abschlussbild
Ich bin jetzt laut Timer rechts unten seit genau 61 Tagen wieder in Deutschland. Heute wollte ich mir kurz Zeit nehmen, um eine Art Abschluss meines Blogs zu schreiben.

Die Zeit am Anfang war extrem komisch und hat Verwirrung geschürt ohne Ende - Automatismen sind fast vollständig vorhanden, aber der Kopf hinkt permanent hinterher. Mittlerweile kommt auch mein Kopf wieder mit, aber das hat seine Zeit gebraucht. Das fängt bei simplen Sachen wie Duschen, Schlafen und Autofahren an und hört bei komplexeren Sachen wie Handballspielen, Wetter kompensieren oder Orte wiederfinden auf.

Wie, wir haben ne Mikrowelle und ich muss meine Sachen nicht in der Pfanne warm machen? Boaaaah, das Wasser kommt sofort aus dem Duschkopf und ist nach einer Sekunde angenehm warm. Nach einer Sekunde!!! Und danach die Duschwände abziehen...überflüssig. Ehhhhhhm mir schmecken keine Chips? Keine Fertigpizza...keine Yoghurts...Joa, gut. Und alles so grün - wobei das plausibel ist, schließlich regnet es ja nur. Deutschland hat da seine eigene Idee, mich angemessen zu empfangen. Soooo viele Leute...die Ampeln auf der falschen Straßenseite genau so wie man selbst im Auto und das Auto auch noch! Und der Blinker. Und das Schalten.
Fallschirmsprung
KIRMES! Ohja, viel Buntes und Leuchtendes, Essen, Gekreische und so viele Menschen, überall sind sie, diese Massen.
Sooo viele und alle sprechen sie Deutsch - ohja, jetzt muss man aufpassen, was man sagt. Im Stau steht man auch dauernd, weil Baustelle. Oder Drängler - peaceee out, bros!
Wisst Ihr was? Ich kann dauernd Sachen kaufen. Und zwar ALLES. Wann immer ich will. Sogar um 21.55 Uhr bei Kaufland. Cool, ne? Bringt mir aber auch nicht so viel, schließlich ist alles vieeeeel zu teuer. Wer soll denn das bezahlen!?
Hätte ich nicht südafrikanische Gemütszustände verinnerlicht, hätte ich mich aufgeregt über den allgemein gültigen und legitimen Gemütszustand des Deutschen. Mäh mäh mäh, wäh wäh wäh. Bäh bäh bäh und wenn wir schon dabei sind, ey ey ey - was soll'n das?

Straße in Namibia
Nach so langer Zeit Freunde, Bekannte und Heimat wieder zu sehen, war toll, aber ebenfalls komisch. Wieso ist denn alles fast wie vorher und wieso hat sich so viel verändert? Dieses Paradox ist eigentlich die ganze Zeit präsent gewesen, man wurde nicht so ganz schlau aus dieser neuen Situation. Die ersten Nächte brauchte ich mindestens zehn Stunden Schlaf und habe in diesen wirres Zeug geträumt; zusätzlich war ich am nächsten Morgen trotzdem müde. Auch diverse bürokratische Pflichten empfand ich als Überforderung - ganz einfach, weil die Gewohnheit in diesen Dingen in den letzten zwölf Monaten verloren gegangen war. Gerade hier fiel es mir besonders schwer, Deutsch zu reden, und zwar nicht als Sprache "Deutsch", sondern als Status "Deutsch". Diese Strenge, dieses Siezen und diese Zielstrebigkeit sind mir total aufgefallen, das scheint also ziemlich Deutsch zu sein (zumindest nach meiner neuen Definition) - diese Erkenntnis, nach einem popeligen Anruf bei der Krankenkasse - okay!

Die supermegaultimativ tollen Dinge, auf die man sich Anfangs grenzenlos gefreut und sie dann grenzenlos abgefeiert hat, haben leider ihren Sonderstatus verloren. Dazu gehört unter Anderem der Pizzalieferservice, dicht gefolgt vom Postboten, Autofahren, Brokkoli mit Sauce Hollandaise, unbegrenztem Internet, Spontaneinkaufen und nicht zu vergessen der mockigen Geruch einer Sporthalle, kombiniert mit einem Ball in der Hand...
Erdmännchen Date

Übrigens kam diese hier etwas schwammige Erkenntnis erst vier Wochen nach Landung bei unserem Abschlussseminar in Wiesbaden. Davor habe ich mir überhaupt keine Gedanken gemacht, man war so beschäftigt und gut unterhalten durch seinen Alltag, dass dies ausblieb. Auch das Nachdenken über das Zurückgelassene, eine Zeit die komplett, fertig und abgeschlossen ist und nie wieder da sein wird, kam erst später. Nicht, dass ich jetzt melancholisch oder gar philosophisch klingen will - aber die Endlichkeit und der Wert von Zeit und Erlebnissen wurde mir in diesem Jahr sehr klar, weil es so isoliert und referenzlos war und dementsprechend ganz automatisch ganz anders überdacht wird/wurde/werden wird.

Mein kleines Brainstorming ist nun beendet, vielleicht kann ich irgendwann noch einmal neue Erkenntnisse loswerden, vielleicht nicht - ich regel das mal ganz südafrikanisch, lege mich nicht fest und sage: "MAL SEHEN!"
Ich werde ebenfalls mal sehen, ob ich noch etwas über unsere geniale Namibia Reise schreiben werde - es gibt viel zu erzählen, allerdings heißt das viel Aufarbeitung, Bilder bearbeiten (sind im falschen Format) und Zeit nehmen.

Bis dahin müsst ihr Euch mit diesem tollen Video aus Namibia begnügen - Erdmännchenpower!

Sonntag, 6. Juli 2014

Farmvideo die Zweite!

Hallihallo! Hier nur ein kurzer Post, der aber sehr viel Aussagekraft hat. Endlich konnte das zweite Farmvideo hochgeladen werden, sodass ihr es jetzt anschauen könnt und in schönen, bewegten Bildern ein wenig von unserem Leben hier erfahren könnt. Für Feedback sind wir gerne offen, ansonsten viel Spaß mit dem Video!


Donnerstag, 26. Juni 2014

SCHLAND oh SCHLAND

So meine lieben Heimatvertreter,

nach langer Durststrecke kann ich mich nun endlich wieder aus dem Sumpf der Internetabstinenz erheben (auch wenn man hier leider niemand anderen beschuldigen kann, als mich selbst).

Ehrlich gesagt ist aber nicht mehr wirklich viel passiert, insbesondere seitdem das, was passiert, schnell in die Alltag-Schublade eingeräumt wird. So waren meine letzten Wochen zwar weit entfernt von langweilig und öde, dennoch sind es nicht gerade die Erlebnisse, die einem seither im Nacken sitzen und einen drängen, sie an die Blogleser preiszugeben.

So waren wir unter anderem erneut auf einem Kirchenfest, haben wie immer in unseren Projekten weitergearbeitet, weitere Aktivitäten geplant, ich habe zusammen mit Freddie etwas mehr als eine Woche gebraucht um Material für das zweite Farmvideo zu sammeln und anschließend zu schneiden und außerdem kann man, wer hätte das gedacht, auch von hier aus sehr gut und etwas multikultureller als Daheim die WM verfolgen.

Den heutigen "badisch-württembergischen Kracher" (zeit.de), der hier in Südafrika aufgrund des fehlenden Hintergrundwissens auch ohne den Hauch Gijón diskutiert werden darf, werden wir wahrscheinlich bei einem unserer schwarzen Nachbarn sehen, der einen Fernseher in seinem Hüttchen hat. Nachdem wir die letzten beiden Deutschland-Spiele (da kein eigener TV hat es für mehr leider nicht gereicht) in unserem Stamm-Pub mit fetten Boxen und großem Flachbildschirm und bei unseren britisch-afrikaaanschen Nachbarn mit noch viel fetteren Boxen und noch viel größerem Flachbildschirm (auch eine Eiswürfelmaschine und Billardtisch, es wäre das Paradies für dich, Brudi) gesehen haben, hören wir jetzt also auf mit den Riesentorten und backen wieder kleinere Brötchen. Die Chancen sind relativ hoch, dass das Bilderlebnis bei der angestrebten Location (die Wellblechhütte unseres Nachbarn) trotzdessen und unter Umständen etwas besser ist, als mein letztes EM-Erlebnis vorm heimischen Fernseher (ich hörte, das hat sich zum Glück nun geändert - der nette Planet mit orangenem Ring aus Solingen-Mitte lässt grüßen).
Von meinem Sixpack Bier, der Einsatz für unser farminternes WM-Tippspiel, kann ich mich jedenfalls schon mal verabschieden, denn bei diesem verrückten Großereignis dort drüben in Brasilien hatten eher die Waghalsigen oder Unwissenden eine realistische Gewinnchance.

So, soweit zum Thema Fußball. Mir fällt auf, ich habe schon länger nicht mehr über Katzen geredet, was möglicherweise mit den Negativereignissen der letzten Wochen zusammenhängt. Mein bester Freund und Hüttenmitbewohner, Kater Merlin, hat leider kein Schengen-Visum bekommen, dafür war er leider zu spät dran. Die Beantragung in Form von Microchip-Implantation, Impfung, Blutabnahme und Registrierung hätte schon Ende März gestartet werden müssen, dafür war Merlin leider am Zeitpunkt der geweckten Ambitionen einen Monat zu spät. Soweit also zur legalen Variante! Falls er eine mögliche, bis zu 20.000€ schwere Strafe, die auch mit Abschiebung oder Tod druch Spritze ergänzt werden kann, in Kauf nehmen würde, könnte er sich auch in meinem Rucksack verstecken. Nach langen, bis in die Nacht reichenden Diskussionen entschieden Merlin und ich uns aber dafür, diese Option zu verwerfen. Da Merlin noch nicht volljährig ist und auch erst in zwei Jahren sein wird, besteht immer noch die Möglichkeit eines verspäteten, begleiteten Überflugs, für die es spezielle Organisationen gibt. Weitere Informationen sind noch nicht vorhanden, allerdings hat Merlin aus einer Mail des Veterinär des Frankfurter Flughafens erfahren, dass schon die Check-Gebühr dort bei ca. 100€ liegen würde. Außerdem ist Merlin ein bisschen schlecht geworden, als er daran denken musste, dass er ganz alleine mehr als 14 Stunden alleine durch die Welt reisen müsste, um nach Deutschland zu migrieren.

Das Farmvideo 2.0 (1.0 findet ihr in mini rechts oben in der Ecke) ist übrigens nach vielen Stunden mit meinem neuen Freund "Sony Vegas Movie Studio Pro" endlich final und äußerst zufriedenstellend gerendert worden. Ursprünglich von der Intention geleitet, den zukünftigen Freiwilligen, unseren Nachfolgern also, im Zuge des am Samstag startenden Vorbereitungsseminars einen netten Einblick in unsere Welt zu ermöglichen, ist es nun auch für uns eine wundervolle Erinnerung an unsere Zeit hier und auch für unsere Freunde, Verwandte etc. eine tolle Möglichkeit, unseren Erfahrungen hier etwas näher zu treten.
Das Farmvideo und auch das schon länger fertiggestellte Shalom-Spendenvideo sind übrigens gestern von Arno und Beate in Köln an Papa übergeben worden, damit Brudi es so schnell wie möglich bei YouTube hochladen und wir es verbreiten können. Wenn dies erfolgreich war, erhaltet ihr selbstverständlich hier und unter Umständen per Mail eine kurze Nachricht von mir!

Meine Projekte stagnieren momentan etwas, was ganz nach südafrikanischer Moral aber auch gar nicht schlimm ist. Ich bin hier in der Crèche, dort in der Schule, dann am Video filmen oder schneiden, oder, oder oder. Abgesehen davon, ist morgen der letzte Schultag vor den dreiwöchigen Ferien!
In den Ferien geht es gegen Anfang Juli auch noch einmal mit Freddie und Friedi, zwei Mitfarmern, in den ca. zweiwöchigen Urlaub nach Namibia. Unser Plan: Kein Plan! Mit dem Bus auf nach Windhoek, dort ein Auto mieten und mal schauen wo uns die Einheimischen so hinempfehlen. Zum Glück haben wir zusätzlich auch noch ein paar Mitfreiwillige in dem ex-deutschen Land, denn das DSJW entsendete 2013 zum ersten Mal auch dort hin weltwärts-Freiwillige. Das einzige fest geplante ist der Besuch der hochangepriesenen "Victoria Falls" im Dreieck zwischen Sambia (nördlich), Simbabwe (südlich) und Namibia (westlich). Mal sehen, was der Urlaub so bringen wird, ich werde sicherlich danach noch einmal kurz Zeit finden (auch wenn dann krasse Aufbruchstimmung herrschen wird) euch von meinen Erlebnissen zu berichten (zumindest ein paar Bilder werden drin sein).

Am Wochenende sind ein paar von uns, mich eingeschlossen, für eine Übernachtung erneut auf der Shalom-Farm. Dieses Mal aber nicht mit nervenzerreißenden, energiegeladenen Teenagern, sondern mit den Erzieherinnen der Gegend. Diese erhalten während des zweitägigen Seminars die Grundlagen der Ersten Hilfe vermittelt und zugleich noch ein paar warme Mahlzeiten. Der Workshop soll den Erzieherinnen vor allem erleichtern, mit alltäglichen Verletzungen der Kinder umzugehen und Falschbehandlungen vorzubeugen. Ich bin sehr gespannt, wie der Kurs im Vergleich zu meinem eigenen vor zweieinhalb Jahren ablaufen wird.

Vollgestopft wie die Tage momentan sind, steht am Montag schon die nächste Aktivität an. Mit den übrigen Geldern der Shalom-Spenden haben wir einen Tagesausflug nach Pretoria in den Zoo angesetzt, dieses Mal für alle Kinder, die altersbedingt nicht bei Shalom waren, aber aus dem Kindergartenalter raus sind. Endlich dürfen die fünf- bis zehnjährigen die Tiere, die ihnen in Kindergarten und Vorschule dauernd beigebracht werden, auch mal von Nahem sehen. Es ist auch sehr wahrscheinlich, dass es für viele das erste Mal sein wird, dass sie aus unserer Region mehr als zwanzig Kilometer raus kommen. Wir freuen uns auf jeden Fall schon auf den Ausflug, denn die Kinder hatten schon wieder dieses leidenschaftliche Leuchten in den Augen, nachdem wir ihnen erklärt hatten, dass sie echte "Lions", "Elephants" und "Giraffes" sehen werden.

So, das war es jetzt erstmal wieder aus dem ewig kalten Südafrika, dass mich nicht mehr ohne Wärmflasche schlafen lässt und mich morgens jedes Mal aufs Neue prüft, wenn ich mit kondensierendem Atem unter meiner Rettung, der riesigen, dicken Decke liege...

Ein fettes SCHLAAAAAAND für heute Abend auch aus Afrika!

P.S.: Mein dritter Quartalsbericht war auch wieder fällig. Als PDF könnt Ihr diesen und die vorigen recht in der Leiste finden und herunterladen.

Shalom!

Hier auch einmal der Bericht über unsere Shalom-Wochenend-Freizeit, der an die Spender geschickt wurde. Viel Spaß damit!

Freitags ging es mit der ersten Fuhre Kinder, die mit dem Farmtaxi aus den nahen Dörfern der Gegend abgeholt wurden, gegen 14 Uhr zu der ca. 90 Minuten entfernten Farm namens "Shalom" (daher der Name der gesamten Aktion) in der Nähe von Swartruggens. Wir Freiwilligen und ein paar der älteren sind vorher schon mit Arno auf seinem Pick-Up zu dem Ort gefahren, weil das Taxi nur 13 Leute fasst und wir natürlich so viele Kinder wie möglich mitbekommen wollten. Mit insgesamt 21 Leuten auf dem Bakkie war es dann aber doch ganz schön eng und alle waren froh als wir endlich in Shalom angekommen waren.
Bis in die Dämmerung hinein wurden die Kinder mitsamt Gepäck, Decken und Kissen auf dem Gelände abgeladen und die allgemeine Aufregung war groß. Die Zehn- bis ca. Achtzehnjährigen waren sehr aufgredreht, schließlich war die Vorfreude auf dieses Wochenende groß gewesen und nun wurde es endlich Realität.

Für die Ankunftszeit gaben wir Fußbälle, Schläger mit Ball, Luftballons und viele weitere Dinge heraus, damit die Zeit bis zur vollendeten Ankunft aller Kinder überbrückt und die Aufgedrehtheit der Kinder etwas gedämpft werden konnte. Außerdem bauten wir unsere kleine Musikanlage auf und ich ließ ein bisschen "Localmusic" laufen, sodass sich unsere tanzfreudigen Teilnehmer auch in dieser Hinsicht auspowern konnten.

Nach den Zimmeraufteilungen (natürlich Mädchen und Jungs getrennt) folgte das gemeinsame Essen á la Spaghetti Bolognese, was den Hungrigen sehr offensichtlich mundete, denn keiner blieb unter drei Portionen. Mit mehr Fleisch als alles andere kann man bei den Einheimischen sowieso nur alles richtig machen, sodass wir natürlich für jede Mahlzeit (außer einem Mal Frühstück) etwas Fleischiges eingeplant hatten. Dadurch, wie viel die meisten Jugendlichen in sich hinein gestopft haben (selbst mit Anstrengung hätte ich bei bestem Willen nur die Hälfte deren Gesamtverzehr geschafft), konnte man erkennen, was für ein Fest es für unsere Gruppe gewesen sein muss. Zu Hause wird das Essen genau aufgeteilt, je nach Alkohollust und den meist daran gekoppelten finanziellen Zuständen, gibt es oft viel zu wenig oder sogar gar kein Essen auf dem Tisch. In der Schule wird zwar immer ein Mittagessen für die Schüler zubereitet, allerdings nimmt man sich in einer südafrikanischen Schwarzenkultur nicht zweimal und das Essen dort ist sowieso auf eine bestimmte Menge pro Person limitiert.
Nach dem Essen sollte das Abendprogramm folgen, auf dass sich schon alle sehr freuten, denn einige Kinder hatten schon etwas entdeckt: DVDs. Tatsächlich bauten wir in eine Art Gemeinschaftsraum in einem anliegendem Steingebäude einen Beamer mit Leinwand auf, es gab für jeden eine Tüte frisches, selbstgemachtes Popcorn gewürzt mit Salz, Essig und Gewürzpulver (diese Südafrikaner...), plus ein paar Keksen und dann wurde gemeinsam "Big Mommas House" geschaut, was für unser Publikum wirklich die perfekte Wahl war. Vor allem "Big Momma" sorgte für schallendes Gelächter unter den Zuschauern, schließlich hat die Protagonistin des Films sehr viel mit einer typischen, schwarzen Hausmama aus unserer Gegend gemeinsam. Das Ganze verpackt mit einer Prise einfachem Englisch mit Untertiteln, ein wenig primitivem, amerikanischem 0815-Komödienhumor und der den Kindern fernen Symphonie von Schwarz und Weiß - fertig war der perfekte Shalom-Film für das Abendentertainment.

Nach dem Film verteilten wir an jedes Kind Zahnpasta und Zahnbürste, sodass wir anschließend direkt mit ihnen gemeinsam Zähneputzen gehen konnten. Um kurz nach zehn Uhr war dann Zapfenstreich angesagt, allerdings mussten wir Betreuer natürlich sehr schnell feststellen, dass unsere Klabautergruppe nicht annähernd so müde war wie wir. Immer wieder mussten wir aufstehen und die Kinder in ihre Zimmer und Betten verweisen, bis es nach zwei Stunden endlich ruhig wurde - dachten wir zumindest. Bis es auf einmal wieder laut wurde und einige Kinder durch die Gegend rannten, was damit endete, dass einer der jüngeren Jungs mit einem stark schiefem Ringfinger lautstark brüllend an unserer Tür stand. Der ausgebildete DRK-Rettungsassistent unter uns befürchtete erst das Schlimmste, doch mit ein wenig Eis und ein paar Süßigkeiten ging es dem Jungen schon bald etwas besser, trotzdem konnte er am nächsten Tag leider nicht am Fußballturnier teilnehmen.
An dieser Stelle muss man im Nachhinein sagen, dass wir echt Glück gehabt haben, denn wir hatten (sehr fahrlässig) nicht an vernünftige Erste-Hilfe-Utensilien gedacht und waren nur mit ein paar Pflastern angereist. Wäre etwas schlimmeres passiert, hätte das wirklich ins Auge gehen können.
Im kühlen Morgengrauen starteten die ersten Kinder am nächsten Morgen gegen sieben mit dem Duschen, doch die Meisten mussten wir aus dem Bett scheuchen, schließlich war der erste Abend und die Nacht schon sehr anstrengend gewesen. Zum Frühstück gab es Cornflakes mit Milch, Zucker und Kakao und dazu wahlweise Tee oder Saft. 20 Liter Milch und viele, viele Cornflakes waren im Nu verbraucht und auch das Saftkonzentrat, mit dem man aus einem Liter insgesamt 7 herstellen kann (ich finde, es gibt da durchaus bessere Alternativen, aber ich bin ja auch nicht Schwarz) war eine Delikatesse für die Kids.
Für den Samstag, unserem einzigen, vollständigem Tag, hatten wir ein straffes Programm angesetzt.
Wir starteten direkt nach dem Frühstück mit einem Kennenlernspiel, gefolgt von einer Rallye, die acht Stationen umfasste. Für die Stationen hatten wir uns im Voraus lange Gedanken gemacht und die nötigen Dinge extra eingekauft oder von der Farm mitgebracht.
Die Kinder mussten als Team mit selbstausgedachtem Namen verschiedene Aufgaben bewältigen, dessen Erfolg in unterschiedlicher Art und Weise gemessen wurde. So musste man sich zu dritt auf zwei Kästen den Weg über einen imaginären See mit Krokodilen bis zum anderen Ufer erarbeiten, ohne gefressen zu werden, so schnell wie möglich einen Slalomparkour durchqueren, ein Quiz mit unterschiedlichen Fragen beantworten, als Gruppe aufeinander sitzend von A nach B kommen und eine Spielkarte mit dem Mund so oft wie möglich an die anderen Teammitglieder per Ansaugen weitergeben. Die witzigsten und hitzigsten Stationen waren mitunter Station 7, an welcher man in einem Becher Wasser vom einen Behälter in den anderen bringen musste, aber nur auf dem Rücken krabbelnd zwischen den Beinen einklemmen durfte und eine andere, in der jeder Teilnehmer ein Stück Murmelbahn bekam und das Team im stehen die Murmel über eine gewisse Distanz, indem der Hinterste immer so schnell wie möglich wieder nach vorne rennen musste, in der Bahn zu halten. Vor allem das Wasserspiel hat zu großem Amusement geführt, weil man durch das Verschütten des Wassers zwischen den Beinen danach zu 100% so aussah, als hätte man sich in die Hose gemacht. Am Ende der Rallye, nachdem jedes Team jede Station durchlaufen hatte, wurden die Ergebnisse ausgewertet, deren Gewinner am Abend gekürt werden sollten.
Vor und nach dem Essen läuteten wir außerdem ein kleines Fußballturnier ein, für jeden der Lust und Laune hatte ein wenig auf dem kleinen Feld zu kicken. Hier kamen auch einige der gespendeten Importtrikots zum Einsatz, sodass wir ingesamt vier Teams (die Freiwilligen haben auch mitgespielt, gegen die technisch starken Jungs und Mädels aber wenig entgegenzusetzen) bilden konnten. Wir konnten ein Spiel vor und ein Spiel nach dem Essen spielen, bevor wir das Finale leider vertagen mussten, weil das Programm wohl doch etwas zu straff war. Letztendlich konnten wir das Finale leider gar nicht mehr spielen, da Voraussetzung dafür war, dass alle Trikots wiedergebracht wurden. Das war leider nicht der Fall, sodass nun zwei Trikots abhanden gekommen sind (wie auch immer) und es inkonsequent gewesen wäre, das Finale trotzdessen am Sonntag noch auszuspielen.
Mittags gab es ein Grillen (Braai) an der Feuerstelle, was offenkundlich sehr beliebt ist und in dieser Vorliebe in unterschiedlicher Ausführung alle Subkulturen Südafrikas vereint. Es wurden Unmengen an Boerewors (Burenwurst, die ultimative Nationalwurst) und Hühnchen verspeist, dazu eine Tomatensauce mit Pap (ähnlich wie herzhafter Griesbrei).
Anschließend begannen wir mit der T-Shirt Aktion. Wir hatten im Voraus viele weiße T-Shirts eingekauft, von denen nun jeder eins bekommen sollte. Anschließend gab es T-Shirt-Malfarben zum kreativ werden und zwei unterschiedliche "Shalom 2014"-Schablonen, durch die eine Farbkombination aus Sprühfarben auf das T-Shirt gesprayt wurde, welche sich die Kinder aussuchen durften. Am Ende entstanden viele unterschiedliche und total bunte T-Shirts, die individuell verschieden waren, aber durch den einheitlichen Gedanken trotzdem die Gruppe unterstrichen.

Nach dem Abendessen (Stockbrot mit Wiener Würstchen und Nudelsalat, sowie ein Nachtisch voller Begeisterung (Wackelpudding mit Vanillesauce) folgte die Siegerehrung der Rallye. Für die verschiedenen Plätze bekamen die Teams unterschiedliche Gewinnertüten - Von vielen Süßigkeiten über Nagellack, Autos, Flummis und Bälle, Ohrringe und Stifte bis hin zu kleinen Taschenrechnern. Die Freude über die Preise war groß, sodass man die gute Stimmung direkt in die abentliche Disco mitnahm. Die "Locals" sind bekanntlich begnadete Tänzer, deren Ruf sie sich nicht nehmen ließen. Schon in jungen Baby-Jahren lernen die Kleinsten der Familie sich so zu bewegen, wie Mama und Papa esständig vorleben. Für den Abend verteilten wir zusätzlich Freundschaftsarmbänder, Knicklichter und Luftballons, ganz zur Freude der Diskobesucher. Um elf Uhr mussten wir allerdings Schluss machen, da die Musik und vor allem die Jugendlichen sehr laut waren und in der Nähe die Besitzer von Shalom mit Sicherheit bald schlafen gehen wollten. Zum Glück war an diesem Abend die Erschöpfung und Müdigkeit der beste Freund der Freiwilligen, denn diese Nacht schliefen alle sehr schnell und sehr fest.
Am nächsten Morgen fing der Tag ähnlich an wie Samstag - Duschen und dann Frühstücken. Dieses Mal gab es Brot (wie hier ungetoastetes Toast genannt wird), Marmelade, Erdnussbutter, Saft, Tee und für jeden zwei Eier.
Nach der ersten Mahlzeit machten wir uns daran, Gruppen einzuteilen, wer was aufräumt. Es musste abgespühlt werden, die Zimmer, Klos und andere Räume mussten gesäubert werden und die Jugendlichen mussten ihre Sachen zusammen packen und die Betten abziehen. zusätzlich starteten wir noch eine Müllcompetition und setzten einen Preis für den Sieger aus - die Gruppe mit dem Meisten gesammelten Müll sollte gewinnen.
Nach der sehr aufwendigen Säuberungsaktion (manche Kinder sträubten sich da sehr) gab es noch einmal Mittagessen, gekochtes Hähnchen mit Reis und Sauce, als Nachtisch ein paar Kekse für jeden. Anschließend kührten wir noch den Müllsammelsieger und gaben den Jungs und Mädels ihr Shalom-Abschiedsgeschenk: Einen Stoffbeutel mit Trinkflaschen, Stiften, Büchern, Süßigkeiten, Luftballons, Popcorn, Keksen, Stickern, und, und, und. Anschließend ging es teils auf den Bakkie, teils ins Taxi, das außerdem noch den Anhänger mitsamt des Gepäcks aller Teilnehmer hinter sich herzog.
Nun war das Wochenende, auf das wir schon länger hingearbeitet hatten, auch schon wieder vorbei. Wir hatten viel Spaß mit den Kindern, für die Shalom jedes Jahr etwas sehr, sehr wertvolles darstellt, denn so viel Spaß, so viel Essen und so viele tolle Dinge bekommen sie selten ein ganzes Wochenende am Stück. Natürlich war es auch für uns Freiwillige eine supertolle Erfahrung, die wir nicht missen wollen, denn wir konnten die Kinder noch besser kennenlernen und uns selbst dieser Herausforderung stellen, diese Freizeit zu planen und zu realisieren.
In diesem Sinne vielen, vielen Danke an Euch, die ihr dieses Wochenende erst möglich gemacht habt! Die Kinder und wir sind Euch sehr dankbar dafür.

An dem Video bastelt Freddie nun fleißig, da wir aber immens viel Videomaterial aufgezeichnet haben und Videos schneiden nicht unbedingt eine fixe Sache ist, werde ich Euch schreiben, wenn es denn soweit ist. (Anmerkung: Video fertig, auf dem Weg zu YouTube und zu Euch!)
Außerdem haben wir aufgrund Eurer regen und großzügigen Beteiligung sehr viel Geld sammeln können, wovon wir nur die Hälfte für Shalom ausgegeben haben. Wir erörtern momentan mehrere Möglichkeiten, wie das Geld verwendet werden kann. Es sieht so aus, als würden wir in den nächsten Ferien Anfang Juni mit den unter 10-jährigen einen Tagesausflug in den Zoo machen, denn diese Gruppe wurde durch die Altersbegrenzung von Shalom ausgeschlossen (Anm.: Siehe nächsten Blogeintrag). Höchstwahrscheinlich werden wir die final übrigbleibende Summe an die Fahrradfabrik des MRDP, die momentan hier auf der Farm ist, spenden. Die Fahrradfabrik hat 25 neue Arbeitsplätze für Männer und Frauen der Quiet Living-Region geschaffen, die nun von kontinuierlichen Mindestlöhnen profitieren können (was für die Verhältnisse hier sehr viel ist!). Da die Fabrik aus dem Nichts aufgebaut wurde, finanziell labil ist und leider keinerlei staatliche Förderung bekommt, ist das Geld auch langfristig gesehen hier sehr gut angelegt.
Möglicherweise werden wir aus dem Shalomspendentopf auch noch ein Erste-Hilfe-Seminar realisieren oder zumindest unterstützen, bei welchem Erzieherinnen der Kindergärten auf den neusten medizinischen Stand gebracht werden sollen und außerdem die nötige Ausrüstung erhalten sollen.
Falls Ihr noch weitere Fragen an mich habt, stellt sie gerne!!! -> jkhaba12@gmail.com